an ever-shifting soup of multimedia content
from COVEN BERLIN's YEAR OF THE BOG
The Year of the Bog was a curatorial theme that lasted from March 2021-2022.
This year, we feel the need to crawl deep into the damp earth. At a time when we cannot touch each other, are buried behind our screens, and distanced from the visceral and the elemental, COVEN BERLIN declares the YEAR OF THE BOG. Think of Berlin’s wetlands, before it was farmed and drained, before anyone thought twice about founding a capital city on a swampland. We want to press our faces into the remaining wet depressions, such as the Sumpf of Hundekehlefenn or the Erlenbruchwälder of Müggelsee, and connect to the bog folk who store large hunks of butter in its dank silty matter and burn a sweet-scented smoke with its peat. Beyond the marshes beneath our feet, we live in the bog of the internet – that place that gives us fuel, preserves the past, where scary things are stored, and unexpected neighbors swim together. The virtual world of open-ended gatherings, networks of support in friction with an inhospitable world.
And so we sank into a CYBERBOG. We’ll upload an ever-shifting soup of multimedia content and watch as it festers. Our online magazine is open for stinky submissions. We will host events throughout the year which, for access and safety reasons, as well as our own curiosities, will melt digital and IRL formats into each other. We want to anthropomorphize the unanthromorphizeable, the strange creatures who blossom in the moist, like frilled orchids, sphagnum, dung beetles, and carnivorous plants. Or maybe we want to de-anthropomorphize ourselves.
Compared to flowing waters, the bog is stagnant and viscous, reticent. While fluidity emphasizes total dissolution and infinite possibilities, viscosity draws attention to sites of resistance and opposition. The Bog is a sort of membrane between the forest and the wetland. A transition area, an open-ended gathering of living and dead matter. Bogs are queer ecosystems. Their cool and wet environment preserves many futures under a single slimy surface, without presumption of a seamlessly harmonious collaboration.
Because they are often small, rank, have blurred borders, and don’t meet the traditional definition of fertile, bogs’ role in the biosphere has been deemed trivial. They are fermentation pits for earth’s residue, including toxic runoff from capitalist extraction and urbanisation. Their skills sets, like preservation and decantation, are deemed less valuable than growth and production, and for that they are desecrated. But even if paved over, as a mushroom says in a Tumblr meme, “you cannot kill me in a way that matters.” Their metabolic changes happen over thousands of years – an unimaginable temporality, swallowing human history in a single burble. Bogs ‘make time’ for us, letting us make time for each other.
Our bog is an ode to the future, futures that can hold multiple kinds of life and spirit, without requirement, condition, sense, or logic, especially in dank and cold times. Reach out. Reach in. Get bogged down with us.
THIS IS THE YEAR OF THE BOG.
This project was conceived with the support of the Berlin Senate Zweijährige Basisförderung für Projekträume und –initiativen.
© COVEN Berlin 2021
The Year of the Bog war ein kuratorisches Projekt im Zeitraum März 2021 bis 2022.
A bog (engl., Subst.) – das Moor Das Moor ist ein Feuchtgebiet und wird in der Bodenkunde als organischer Boden erfasst. Durch niederschlagsreiches Wetter und hohe Luftfeuchtigkeit entsteht ganzjährig ein sauerstoff- und nährstoffarmes Feuchtbiotop mit Torfablagerungen, welches die Grundlage charakteristischer Lebensformen bildet.
Dieses Jahr sitzt das das Bedürfnis tief, noch tiefer in die feuchte Erde zu kriechen. In einer berührungslosen Zeit, in der wir uns hinter Bildschirmen vergraben wiederfinden und uns von unserem Inneren und dem Elementaren distanzieren, widmet COVEN BERLIN der Moorlandschaft ein ganzes Jahr (THE YEAR OF THE BOG). Denken wir hier an das Berliner Feuchtgebiet, bevor es bewirtschaftet und trockengelegt wurde, ja bevor jemand überhaupt mit dem Gedanken spielte, eine Hauptstadt auf einem schlammigen Boden zu bauen. Wir wollen unsere Gesichter in die verbliebenen feuchten Senken drücken, wie in die Moorlandschaft des Hundekehlefenns oder die Erlenbruchwälder des Müggelsees. Wir wollen uns mit denen verbinden, die im Moor leben, die im feuchten Schlick ihre Vorräte an Moorbutter lagern und durch das Verbrennen ihres Torfs einen süßlich duftenden Rauch verbreiten. Weit über den Schlamm unter unseren Füßen leben wir in einem Moor des Internets – jenem Ort, der uns Treibstoff liefert, die Vergangenheit aufbewahrt, wo rätselhafte Dinge gelagert und in der Nässe unerwartete Begegnungen geknüpft werden – die virtuelle Welt der Zusammenkünfte ohne offensichtlichen Ausgang, ein Netzwerk an Unterstützung, welches sich in der ständigen Reibung mit einer unwirtlichen Welt wiederfindet.
Und so versinken wir in einem CYBERBOG, einer virtuellen Moorlandschaft. Wir laden eine sich ständig verändernde Suppe aus multimedialen Inhalten hoch und schauen zu, wie sie gärt. Unser Online-Magazin ist offen für stinkende Post. Wir werden das ganze Jahr über Events veranstalten, bei denen – aus Gründen der Zugänglichkeit und Sicherheit sowie unserer eigenen Neugier – Formate des Digitalen und des echten Lebens miteinander verschmelzen werden. Wir wollen das Unmenschliche anthropomorphisieren, es vermenschlichen: die seltsamen Kreaturen, die im Feuchten aufblühen, wie krause Orchideen, Torfmoos, Mistkäfer und fleischfressende Pflanzen. Oder vielleicht wollen wir uns selbst einfach ent-anthropomorphisieren.
Im Vergleich zu fließenden Gewässern stagniert das Moor und ist zähflüssig, fast schon zurückhaltend. Während das Fließende die totale Auflösung und die unendlichen Möglichkeiten aufzeigt, lenkt die Zähflüssigkeit die Aufmerksamkeit auf Orte des Widerstands und der Gegenwehr. Das Moor stellt eine Art Membran zwischen Wald Feuchtgebiet dar – ein Übergangsbereich, ein Antreffen zwischen lebender und toter Materie mit offenem Ausgang. Moorlandschaften sind queere Ökosysteme. Ihre kühle und feuchte Umgebung bewahrt viele Zukünfte unter einer einzigen Schleimschicht auf, ohne die Annahme eines einwandfreien, harmonischen Zusammenspiels.
Weil sie oft klein und widerlich sind, ihre Grenzen verschwimmen und sie nicht dem traditionellen Verständnis von Fruchtbarkeit entsprechen, wurde die Rolle der Moorgebiete im Ökosystem lange als bedeutungslos angesehen. Sie sind Gärgruben für die Rückstände der Erde, einschließlich giftiger Abwässer aus kapitalistischer Extraktion und Urbanisierung. Die Fähigkeit zur Konservierung und zum Absetzen wird als weniger wertvoll erachtet als Wachstum und Produktion. So werden sie verschmäht. Doch sie überstehen es selbst wenn man sie zupflastert, und um einen Pilz in einem Tumblr-Meme zu zitieren: “Du kannst mich auf keine Weise töten, die zählt.” Ihr Stoffwechsel verändert sich über Tausende von Jahren – eine unvorstellbare Zeitlichkeit, die die menschliche Geschichte in einem einzigen Blubb verschluckt. Das Moor “nimmt sich Zeit” für uns, es lässt uns Zeit füreinander nehmen.
Unser Moorgebiet ist eine Ode an die Zukunft. An eine Zukunft, die eine Vielfalt an Leben und Lebensgeist enthalten kann, und das ohne bestimmte Bedingungen erfüllt zu haben: ohne Voraussetzung, ohne Sinn oder Logik, besonders in nasskalten Zeiten. Greif danach. Greif hinein. Versink mit uns. Ein ganzes Jahr lang.
THIS IS THE YEAR OF THE BOG.
This project was conceived with the support of the Berlin Senate Zweijährige Basisförderung für Projekträume und –initiativen.
© COVEN Berlin 2021